.... ist eine Erzählung über das besondere Talent eines kleinen, eigensinnigen und mutigen Rauhhaarteckels und dem Tag als daraus ein Rettungshund wurde...

 

 

 

Unsere kleine Teckelfreundin Yessi hielt uns ihr ganzes Leben lang mit ihren Jagdgeschichten auf Trab. So überlegten wir in ihrer Jugend  hin und her, wie wir ihrer Leidenschaft gerecht werden konnten, denn eine jagdliche Laufbahn konnten wir uns weder für Mensch noch Tier vorstellen.
Schließlich landeten wir eines Nachmittags zu einer Schnupperstunde bei einer Rettungshundestaffel und so wurde ein lang gehegter Wunsch greifbar – mit dem Hund im Ehrenamt Menschen helfen zu können.
Vasco war zu dieser Zeit schon recht betagt und wir hätten es uns nie erträumen lassen, dass es die wilde und kaum erziehbar scheinende Teckelhündin sein würde, die eine derartige Ausbildung schaffen könnte.
Ein erfahrener Ausbilder aus der Schweiz erkannte sofort ihr Potential. Durch ihre kompakte Größe und die Vorliebe in Röhren und Tunneln ihrer Jagdleidenschaft zu frönen, erschien sie ihm geradezu prädestiniert für einen Einsatz als Trümmersuchhund.

Er sollte Recht behalten.

In dem selbst erschaffenen Trümmergelände der Rettungshundestaffel lernte Yessi nach ‚vermissten‘ Menschen zu suchen. Lagen zunächst wir selbst in den Verstecken, erschnüffelte sie bald alles und jeden in noch so verwinkelten Steinhäufen, Röhren oder Erdlöchern. Die größte Hürde, die uns für eine erfolgreiche Prüfung zum Trümmersuchhund bevorstand, war jedoch die hierfür erforderliche ‚Begleithundeprüfung‘ (BH).
Nun muss man wissen, dass wir parallel auch im ‚Teckelverein‘ mit ihr aktiv waren und sie hier bereits eine derartige Prüfung absolviert hatte. Doch die ‚Teckel-Liebhaber‘ kennen die Besonderheiten ihrer  Rasse und so ist es in dieser speziellen  Prüfungsordnung  zulässig, die Hunde beim ‚Abliegen‘ auf einer Decke, Rucksack oder ähnlichem zu belassen. Alle Teckelbesitzer und sogar die ‚hart gesotteten Jäger‘ wissen: Keiner dieser besonderen Hunde liebt es, auf dem blanken Boden zu hocken und viele ihrer kleinen Kameraden verweigern bei schlechter Witterung sowieso derlei Gehorsam. Nun jedoch stand eine ‚richtige‘ Prüfung bei einem ‚Gebrauchshunde-Richter‘ bevor, der sonst bei ‚eisenharten‘ Schäferhunden richtete! Dieser ‚unbestechliche‘  Richter würde am selben Tag dann auch (so die BH bestanden) die Prüfungssuche im Trümmergelände abnehmen – was an dem betreffenden Tag dann doch für recht große Nervosität sorgte, denn an einem Samstag im Mai 1997 war es dann soweit!

 

‚Immer der Nase nach - Yessi wird ein Rettungshund!‘

Der ‚Wettergott‘ hat es gut gemeint – Sonnenschein, keine Wolken und vor allem KEIN Regen in Sicht. Nicht auszudenken, wie die bevorstehende Begleithundeprüfung verlaufen würde, hätten wir einen Regentag. Yessi – unser kleiner Prüfling – wir bräuchten sie dann nicht mal aus dem Auto holen: „Regen pfh, bei Regen kann ich nicht Fußlaufen Herrli – ne, geht gar nicht und hinsetzten oder gar Platzmachen, phf igitt  - also das ist unter der Würde eines jeden Rauhaarteckelchens“ – so die stillen Zwiegespräche zwischen ihr und ihrem Herrli, die beiden verstehen sich auch ohne Worte wunderbar.
Nein – keine feuchte Wiese und keine ‚Wildspur‘  sollen den Prüfungseifer der beiden stören, so melden sich Prüfling und Hund zur Vorstellung beim Richter und beginnen mit den Aufgaben. Die ‚Vorführung‘ klappt fast perfekt, bis auf den Umstand, dass Yessi  - wie geahnt  - überhaupt nicht einsieht, dass sie ‚ohne Unterlage‘ im ‚Platz‘ an Ort und Stelle verharren soll. Mehr als ein ‚Sitz‘ kann sie sich nicht abringen.
Hmh, das war zu befürchten und könnte das Scheitern bei der Prüfung bedeuten.
Dem kritischen Blick des Richters entgeht an diesem Tag nichts und dennoch scheint es so, als ob er die kleine Yessi in ihrer ‚Sitzstellung‘ gar nicht recht wahrnimmt.
Jedenfalls gibt er mit strenger Miene das Kommando, den Hund wieder abzuholen und gratuliert hernach dem überraschten Uwe und seinem Hund zur bestandenen Prüfung.
Geschafft. Mit einem Zwinkern in den Augen wendet der Richter sich kurz danach an unseren Übungs- und Prüfungsleiter und bemerkt, dass er ‚wegen des hohen Grases‘ bei dem kleinen Hund hätte ‚Sitz‘ und ‚Platz‘ gar nicht recht hätte unterscheiden können, da er ‚nur‘ das Köpfchen habe sehen können… . Man möge doch das nächste Mal auf einen korrekt gemähten Rasen ausweichen…. Anzumerken ist hierbei, dass die Prüfung an diesem Tag auf einer offenen Wiese im Gelände stattfand (mit freundlicher Genehmigung des Besitzers), die sehr wohl gemäht war….. !

Dann aber kommt Yessis ‚große Stunde‘ – die Rettungshundeprüfung beginnt.
Uwe meldet sich mit Yessi auf dem eigens für Suchübungen und Prüfungen erschaffenen Trümmergelände. Das Szenario ist folgendes: eine Gasexplosion hat ein Wohnhaus erschüttert. Es werden drei Menschen vermisst. Niemand wisse, wo diese sich zuletzt aufgehalten haben. Die kleine Yessi soll jetzt die drei Personen innerhalb von längstens 30 Minuten finden.
In dem Trümmergelände haben sich hierfür zuvor drei Leute versteckt, beziehungsweise sind diese ‚versteckt oder eingegraben‘  worden.  Es gibt zahlreiche Kanalröhren, ein Trümmerhaus mit dazugehörendem Keller, Betonverließe, Erdlöcher und dergleichen mehr mit unzähligen Möglichkeiten, wo ein Mensch ‚liegen‘ könnte. Nur die 'alte Hasen' kennen all diese Winkel ganz genau. Mitten auf dem hohen Trümmerkegel brennt ein riesiges Feuer, schwarzer Qualm und beißender Rauch steigt auf. Ein leichter Windhauch verteilt die Rauchwolke und gibt Uwe einen Hinweis auf die Richtung in der sie die Suche am günstigsten beginnen können. Dort wo ein Notstromaggregat ohrenbetäubenden Lärm verursacht, erkennt er eine passende Stelle, an der er seinen kleinen Suchhund gegen den Wind zur Suche ansetzen kann. Halsband und Leine werden abgenommen, nichts soll am Hund sein, mit dem der kleine Körper in den Trümmern hängen bleiben könnte. – Yessi weiß schon worum es geht – sie hat bereits die Nase gegen den Wind erhoben, schnüffelt aufgeregt und will los. „Auf Herrli, lass mich laufen – ich hab‘ schon was in der Nase!“ „Such und Hilf“ heißt das Kommando jetzt, mit dem Uwe ‚seinen Partner mit der kalten ‚Schnauze‘ zur Rettung der vermeintlichen Vermissten in ‚die Röhre‘ schickt.
Yessi’s Nase klebt bereits am Boden – es hätte nicht besser klappen können, binnen einer Minute hat sie das erste ‚Opfer‘ erschnüffelt und entdeckt, sie beginnt wild zu kläffen.
„Hier, hierher Herrli – hier liegt ein Mensch“ will sie damit sagen. Uwe steht vor der Steinröhre, in der Yessi verschwunden ist, und hebt die Hand ‚Anzeige‘ heißt das für den Prüfer – ‚eine Person gefunden‘. Nachdem sich Uwe vom ‚Gesundheitszustand‘ des Opfers überzeugt, sie befreit und aus dem Trümmerfeld gebracht hat, kann er mit Yessi die Suche fortsetzen. Yessi ist aufgrund ihres ‚schnellen Erfolges‘ hochmotiviert – sie rennt aufgeregt hin und her, ihr Schwänzchen wedelt so schnell wie ein Propeller und schon ist sie in dem Keller des Trümmerhauses verschwunden. Oh je, Herrli beißt sich auf die Lippen – in diesem Keller wohnt seit geraumer Zeit eine Mäusefamilie, deren ‚Wohnzimmer‘ mehr als einmal schon Yessis Aufmerksamkeit derart in Bann gezogen hat, dass sie für kurze Zeit ihre Suchaufgaben vergaß. Sie wird doch nicht……? – Nein, die misstrauischen Gedanken sind völlig unberechtigt – da ist sie wieder – kein Interesse an den Mäusen und offensichtlich kein menschlicher Geruch in dem Trümmerkeller. Weiter geht’s. Da plötzlich – man sieht ihr förmlich an, sie hat wieder etwas in der Nase, sie umkreist einen Holzhaufen, schabt mit den Vorderpfoten, Uwe weiß sofort, dass seine kleine Hündin hier wieder jemanden gefunden hat, doch sie muss noch bellen, nur dies wird hier als korrekte Anzeige für die  Prüfung bewertet. Schließlich hat der Rettungshundeführer bei einer ‚echten‘ Suche nicht immer Sichtkontakt zu seinem Hund.   „Kläff, Kläff, Kläff“ – endlich beginnt sie zu bellen.  Der Prüfer im Hintergrund nickt wohlwollend und macht sich seine Notizen. Nun aber zum Endspurt, die Suche geht weiter. Vergleichsweise lange sieben Minuten dauert es jetzt, bis Yessi an einer weiteren Stelle am Rande des Trümmerkegels mit dem Schwanz wedelt. Zunächst löst dies bei ihrem ‚Partner‘ eher Missfallen aus, er sieht nur die kreisende Rutenspitze von Yessi und kann nicht sehen, was sie da entdeckt hat. Sie befindet sich an der Stelle eigentlich außerhalb von den Trümmerverstecken und Uwe kann sich nicht vorstellen, dass es dort eine ordentliche Versteckmöglichkeit gibt. Nun befürchtet er doch, dass die ‚Mäuseliebe‘ Auslöser der freudigen Regung von Yessi sein könnte. Dann aber beginnt sie, bestimmt und sehr vehement zu bellen. Uwe hebt die Hand und bekommt vom Prüfer die Anweisung zu seinem Hund zu gehen. Als Uwe bei Yessi ankommt, steht sie neben einer frei im Gelände liegenden Person. ‚Erbrochenes‘ quillt aus dem Mund des ‚Opfers‘, welches augenscheinlich mit verdrehten Gliedern und blutverschmiert vor ihm liegt. Die Auffindesituation dieses dritten Opfers ist derart reell, dass Uwe kurz in Straucheln gerät und sich nicht sicher ist, ob hier nicht wirklich jemand in eine hilflose Lage geraten ist.
Nun muss Yessi zeigen, dass sie gelernt hat auf einer ihr zugewiesenen Position zu warten. Uwe setzt sie schnell am Rande ab und kümmert sich um die reglose Person. Der ‚Erste-Hilfe-Kurs‘ spult sich im Kopf ab, wie ein Film. Mit geübten Handgriffen wird der 'Hilflose' nun versorgt und dann in die stabile Seitenlage gebracht. Der vermeintlich Verletzte ist tatsächlich wohlauf - bei dem ‚Brei‘, der aus dem Mund lief, handelt es sich um einen extra hierfür zerkauten Müsli-Riegel (von dem Yessi kostete, wie wir später erfuhren), das Blut ist Theaterschminke und in diesem Teil der Prüfung werden offensichtlich schlichtweg die Fähigkeiten der 'Erstversorgung' abgefragt. Die Prüfungskommission hat wohl keine Kosten und Mühen gescheut, alles sehr wirklichkeitsnah zu gestalten. -
Der Prüfer ist mittlerweile neben dem Suchteam erschienen und beendet seine Notizen. Er macht einen sehr zufriedenen Eindruck – und auch von Uwe scheint nun jegliche Anspannung zu weichen. Egal, was der Prüfer im Anschluß zu ihm sagen wird. Seine kleine Yessi hat ihn an eine Stelle geführt, wo er selbst nie eine Opferperson vermutet hätte und hat ihm damit gezeigt, dass er sich auf sie und ihre Nase verlassen kann! Stolz meldet Uwe die Suche nach dem Auffinden der dritten Person für beendet.
Mit einem Schmunzeln reicht der Prüfer Uwe die Hand, gratuliert ihm zur bestandenen Prüfung und zu seinem tollen kleinen Rettungshund. Augenzwinkernd gibt er im Anschluss zu, dass er einen solchen Prüfungsverlauf kaum erwartet habe und sich die ‚zwei zugedrückten Augen bei der BH-Prüfung‘ (O-Ton!) sehr gelohnt hätten.

 

 


 

Yessi wurde nach der Prüfung mit ihrem Lieblingswürstchen belohnt – die kleine Feier im Anschluß verschlief sie glückselig eingerollt auf einer Decke in der gemähten Wiese.....!

 

Wir denken heute noch gerne an diesen Tag und den gestrengen Richter, der das Herz auf dem rechten Fleck hatte!