Bei einem unserer letzten Besuche im Allgäu hatten wir

mal wieder eine besonders abenteuerliche Unternehmung.

 

Es war ein sehr heißer und schwüler Tag – und wir wollten am Nachmittag

noch einen  kleinen Ausflug unternehmen. Nun war es ja so, dass wir Bandit

für einen großen Teil der Strecke im Kinderwagen kutschieren mussten und

deshalb nicht wirklich einen Berg aufwärts laufen und den Karren hinauf

schieben wollten. Ein schattiger Weg abwärts, wenn möglich noch mit einem

Bach in der Nähe. Das wäre genau das Richtige gewesen. Wir fanden einen

solchen Weg – nur über das ‚Abwärts’ waren wir dann doch sehr überrascht.

Die Albspitze ist der Hausberg von Nesselwang und mittlerweile führt nicht

nur ein Sessellift über eine Mittelstation auf den beschaulichen Berg hinauf,

sondern man kann ebenso mit einer kleinen Gondel in die Höhe schweben.

Am Fuße des Berges befindet sich ein riesiger Parkplatz, der vermutlich vor

allem für die Wintersportler angelegt wurde und ausreichend kostenfreie

Parkmöglichkeiten bereithält. Von hier aus kann man sich mit einer kleinen

Einzelsesselbahn zur Sommerrodelbahn befördern lassen oder in den

Vierersesseln und Gondeln über die Mittelstation zur Bergstation

der Albspitze aufwärts gleiten. Der Zwischenstopp an der Mittelstation

ermöglicht verschiedene lange oder auch kurze Abwärtswanderungen,

von hier wie von der Bergspitze aus führen zahlreiche Wanderwege über

Aussichtspunkte und Almen wieder zurück ins Tal. Einer dieser Wege ab

der Mittelstation ist der ‚Wasserfallweg’. 

An der Mittelstation ausgestiegen, wandten wir uns erst nach links um dann

kurze Zeit auf dem Teerweg abwärts zu gehen. Nach wenigen 100 Metern

gelangt man auf das erste Hinweisschild, welches einen nach rechts über einen

Wiesen- und Waldweg, ein Brückchen und einen Steg zur ersten ‚Stiege’ abwärts

führt. Bis hierher sah alles ganz normal, gar malerisch und wildromantisch aus.

 

Hätten wir an dieser Stelle gewusst, was da auf uns noch an weiteren Stiegen

und Treppen wartet, hätten wir natürlich umgekehrt. Doch wie hätten wir

ahnen sollen, dass der Weg ausschließlich  - von kleinen Wegstücken dazwischen

abgesehen – aus derlei ‚Abstiegsmöglichkeiten’ bestand.

Undenkbar, dass Bandit hier die Stufen hinab hoppeln sollte und sich

womöglich eine neuerliche Entzündung am Vorderlauf einfangen würde.

Also musste er rein in den Wagen und der Karren musste nun den Weg

abwärts hoppeln – oder getragen werden. Keuch.

 

Uwes Arme fühlten sich bald an, als hingen sie an einem ‚Rüttler’.

Nachdem wir dann auch schon ein gutes Stück nach unten vorangekommen waren,

wollten wir auch keinesfalls wieder aufwärts zurückgehen – und den Wagen

samt Bandit wieder den Berg hinauf tragen…. Wasser und Schatten waren

wenigstens reichlich vorhanden, an mehreren Stellen konnten die Hunde

ihre Pfoten und Bäuche kühlen, Wasser schlabbern und wir aus dem klaren

Quellwasser, das dem Berg entsprang unsere Flüssigkeitsvorräte ebenfalls

wieder auffüllen. Gott sei Dank – denn das ‚Schwitzwasser’ rann uns

literweise über den Körper…

 


Weder auf den beiden Karten, noch am Einstieg des Weges war ein Hinweis

auf derlei Steigen – und auch an der Bergbahn machte uns niemand darauf

aufmerksam, dass mit dem Wagen dieser Weg schlichtweg unbegehbar sei.

Von anderen Auf- oder Abstiegen in dem tourismusgeprägtem Allgäu

kennen wir sogar explizite Hinweisschilder, dass man mit Kinderwägen

die Pfade nicht begehen kann. So zum Beispiel beim Aufstieg zum ‚Milchhäusle’

am Kieneberg bei Pfronten, wenn man von der Seite der ‚Bläsismühle’

nach oben will. Nun waren wir also doch ein gutes Stück vorangekommen

und hatten uns quasi mit dem Weg und dem ‚Schicksal’ für diesen

Nachmittag bereits abgefunden. An einer Weggabelung begegnete uns dann

eine fröhliche Frau im Dirndl und zünftigen Schuhen. Sie kam offensichtlich

von der weiter oben gelegenen Alm herab und guckte uns erstaunt entgegen. 

"Wollen sie da weiter mit dem Wagen hinunter? Das wird aber schwierig!"

Und wies gleichzeitig mit ihrem Arm und Blick auf den Weg, den sie herunter

gekommen war. "Ich würde wieder bis zur Alm aufsteigen und dann

den Teerweg hinunter gehen." Wir blickten ihr mit unseren roten

Gesichtern entgegen und den Bergweg hinauf, auf den sie zeigte.

Wurzeln über Wurzeln - steil und noch steiler. Die Alm lag kurz unterhalb

der Mittelstation – nee, puh, alles wieder hinauf, bitte nicht. „Ja wird denn

der Weg und die Stiegen noch steiler wie bisher schon?“‚ erkundigten wir uns. 

"Ja ob denn der Hund im Wagen liegen bliebe, es ginge schon noch arg steil zu,

aber wenn wir uns das zutrauen würden, na dann…."  Das rote Dirndl mit

den Bergschuhen entschwand winkend unseren Blicken und wir blieben etwas

ratlos zurück. Der Karte nach gab es nur den Weg aufwärts und einen großen

Umweg und Bogen nach rechts. Von diesem anderen Abstieg, der hier auf

der Karte ersichtlich war, ließ sich aber nicht erkennen, ob wir auf

diesem mit besseren Wegen rechnen konnten. Also weiter hoppel - hoppel,

heben und tragen, schnaufen und schwitzen.

 

Wieder einige Zeit später landeten wir erneut an einer Weggabelung,

eine größere Wandergruppe mit Hund kam uns entgegen. Bis dahin passierten

wir nun einige ‚normale’ Wegstrecken, Brückchen und Waldpfade.

Diese ließen uns ein wenig zu Atem kommen. Wir dachten, das ‚Gröbste’

sei überstanden und wollten die Gruppe nebst Hund vorbei ziehen lassen.

Der Wanderführer kam nun direkt auf uns zu und musterte uns.

„Wollt Ihr da mit dem Wagen weiter abwärts?“, fragte er. Wir nickten stumm

und guckten dem Einheimischen mit gemischten Gefühlen entgegen.

Nun erkannten wir auch, dass er mit einem Funkgerät und dergleichen

ausgerüstet und offensichtlich von der Bergwacht war.  „Nahhh“ sagte er dann,

„laßts des mol bleiben. Der Weg  do“ – er deutete auf die malerische Holzbrücke,

über die er gekommen war – „der Weg endet weiter drunten ganz steil in Stiegen,

die sand fascht so steil wia a Leitr“.  Uff – also mit einer Art Leiter hatten

wir nun wirklich nicht gerechnet.  „Da geht’s do nüber , des geht no scho –

sand zwar Wurzeln am Weg – aber do kimmatr no glei voll nunter.

Von unta kennat dr dann den Wasserfall aluaga – und die Leitr oh – Aber

mit dem Waga kommat ihr do nit na!“

Wir ließen die Gruppe passieren und guckten uns unentschlossen an.

Auch der Weiterweg, den uns der Wanderführer gezeigt hatte, ging zunächst

bergan. Aber die Worte des ortskundigen Mannes hallten noch in unseren

Ohren "des ischt nochher wie a Leitr – des geht mit dem Wagen nit".

Also, aufwärts mit dem Gespann. Nach kurzer Zeit kam schon ein Abzweig ins Tal,

hier ging es zwar ebenso holprig weiter, doch ohne eine Leiter oder weitere

kaum zu bewältigende Stiegen gelangten wir auf direktem Weg dann ins Tal,

wo sich der Bachlauf nun lieblich und eben dem Weg entlang schlängelte.

Die Hunde und meine Füße nahmen die Abkühlung hier gerne entgegen.

Nur den Weg zum Wasserfall - das Stückchen aufwärts, um die Leiter zu

begutachten - hatten wir dann an diesem Nachmittag nicht mehr geschafft. 

Aber, das schauen wir uns noch an – versprochen – aber nur von unten – und

dann entscheiden wir, ob wir den Weg ohne Wagen und mit einem gesunden Bandit

von oben nochmals gehen. Denn beschaulich war er allemal – und bot uns mit

Schatten und Bachlauf doch allerlei Abenteuer….

Und ein ganz dickes Lob an den kleinen duldsamen Bandit, der stoisch in

dem Wagen ausharrte, so sehr es auch hoppelte und schaukelte.

Unseren anderen dreien von der Bande war es jedenfalls ein vergnüglicher

Weg – rauf und runter, rein ins Bächle - raus aus dem Bächle, Brückle hin und

her gerannt .… „Herrli – Frauli -- wo bleibt ihr denn soooo lange…….“

 


Den Tag darauf gesellte sich übrigens noch ein weiteres Haustier zu

uns ----- nennt sich ‚Kater‚ und zwar ‚Muskelkater’….

 

Das Bild am Wasserfall mit der angekündigten Leiter entstand dann

einige Wochen später vom Tal aus:

Wer diesen ‚Abgang‘ sieht, weiß dass man hier nur mit gesunden

Knien und ohne Kinderwagen heil herunter kommt.